Das Schadensmanagement der Versicherungen – Vorsicht Falle!
Seit geraumer Zeit versuchen die Versicherungsgesellschaften verstärkt die Geschädigten von unabhängigen Beratern wie Sachverständigen und Rechtsanwälten abzuschneiden. Der Verbraucher, der sich direkt an die Werkstätten wendet, läuft nun auch Gefahr, letztlich bei einem Helfer der Versicherung des Unfallgegners gelandet zu sein. So soll verhindert werden, dass der Unfallgeschädigte alle seine Rechte erfährt. Wie die Sachverständigen und Rechtsanwälte hat der Deutsche Verkehrsgerichtstag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dies die Gefahr berge, dass der Geschädigte somit nicht den vollständigen Ersatz bekommt, der ihm nach Gesetz und Rechtsprechung zusteht. Nur so ist auch das Engagement der Versicherungswirtschaft bei den Notrufsäulen zu verstehen.
Immer mehr Versicherungen versuchen durch sogenannte „schnelle und unkomplizierte Hilfe“ den Eindruck zu erwecken, dass sie auch ohne unabhängige Beratung fair regulieren. Eigens zu diesem Zwecke wurde durch die Versicherungswirtschaft zum Beispiel das gesamte Notrufsäulensystem an Bundesautobahnen aufgekauft. Meldet ein Unfallbeteiligter dort oder gemäß den Versicherungsvertragsbedingungen später pflichtgemäß seiner eigenen Versicherung den Unfall, werden über einen Datenzusammenschluss der Versicherungswirtschaft auch die Versicherungsgesellschaften der übrigen Unfallbeteiligten routinemäßig informiert. Die Schädigerversicherungen entscheiden dann intern ihre weitere Strategie.
Variante 1:
Man verhält sich passiv, wartet ab, ob Ansprüche vom Geschädigten tatsächlich angemeldet werden und spielt später im Fall der Anspruchstellung vielleicht sogar den Ahnungslosen.
Variante 2:
Die Versicherung geht in die Offensive und nimmt von sich aus Kontakt mit dem Geschädigten auf, bietet vielleicht sogar kostenlose eigene Gutachter, günstige Vermieterfirmen oder bestimmte Fachwerkstätten an.
Jeder Geschädigte sollte sich dabei klar sein, dass die Versicherung des Schädigers nicht aus Nächstenliebe handelt und dass sie wegen offensichtlicher Interessenkollision kein geeigneter Berater des Geschädigten sein kann. Oberstes Ziel der Versicherung ist und muss es sein, die Schadensquote möglichst gering zu halten. Sie wird daher von sich aus den Geschädigten wohl kaum über alle seine Rechte und alle ersatzfähigen Schadenpositionen informieren.
Trotzdem haben die Versicherer jetzt Helfer sogar bei verschiedenen Autokonzernen gefunden, die ihren Werkstätten empfehlen, sich direkt an die Versicherer zu wenden. Schließlich mischt man ja über eigene Konzerntöchter im Versicherungsgeschäft selbst mit.
Andere Werkstätten gehen sogar noch weiter und bieten sich an, die „Schadensregulierung“ vorzunehmen. Dass diese dann nur zu oft ausschließlich nach den Vorgaben der Versicherungswirtschaft erfolgt, wird geflissentlich verschwiegen. Vor solchen Werkstätten und solcher Art von „Kundenservice“ kann nur gewarnt werden.
Während bei der Variante „Ruhigstellung“ durch kurzfristige Regulierung der offensichtlichsten Schadenspositionen viele Geschädigte die „Übervorteilung“ im Ergebnis gar nicht bemerken begegnen uns in der Praxis zunehmend sogenannte „anregulierte Fälle“. Geschädigte begeben sich zunächst in die Obhut der Schädigerversicherungen und Ihrer Helfer; ein Teilbetrag des Schadens meist die Werkstattrechnung wird kurzfristig ganz oder zumindest überwiegend bezahlt; dann aber ,wenn eine Beweissicherung kaum noch möglich ist, folgen plötzlich die Einwände. Die weiteren Ansprüche werden aus allen möglichen und unmöglichen Gründen gekürzt. Eine optimale Regulierung ist in solchen Fällen im Nachhinein dann kaum noch zu erzielen.
Das Vorgehen der Versicherer wurde auch durch den Deutschen Verkehrsgerichtstag abgelehnt. Die „Information“ durch die Haftpflichtversicherer ersetze nicht die Hinzuziehung eines unabhängigen Sachverständigen und die anwaltliche Beratung. Auch das Engagement der Versicherungswirtschaft hinsichtlich der Notrufsäulen geschieht nicht aus wohltätigen Zwecken. Es gehe allein darum, die Schadensersatzquote zu senken. Viele Werkstätten haben sich bereits verpflichtet, nach den Vorgaben der Versicherer abzurechnen. Die Zeche zahlt letztlich der Kraftfahrer. Wenn die Werkstätten durch den Druck der Versicherer weniger für die Reparatur berechnen können, werden die Werkstätten den Umsatzausfall über höhere Preise beispielsweise für Inspektionen „hereinholen“.