Missachtung des Richtervorbehaltes bei Anordnung einer Blutprobe – Beweisverwertungsverbot
Wird entsprechend langjähriger Praxis die Anordnung einer Blutprobe von einem Polizeibeamten ohne vorherige Einschaltung der Staatsanwaltschaft oder des Amtsgerichts angeordnet, so unterliegt die Blutprobe einem Verwertungsverbot. Vgl. OLG Dresden Urt. v.11.05.2009, Az1 Ss 90/09.
Der Fall
Der Beschuldigten war nach einer Verkehrskontrolle auf Anordnung der Polizeibeamten eine Blutprobe ohne ihre Einwilligung entnommen worden. Die Laboruntersuchung der Probe ergab einen BAK-Wert von 1,34 Promille, wonach sie absolut fahruntüchtig war. Auf die Anklage der Staatsanwaltschaft wegen Trunkenheit im Straßenverkehr wurde sie vom Amtsgericht freigesprochen. Das Amtsgericht hielt das Ergebnis der Blutuntersuchung für nicht verwertbar. Die Revision der Staatsanwaltschaft wurde vom OLG zurückgewiesen.
Die Entscheidung
Das OLG weist wie auch zuvor das Amtsgericht darauf hin, dass die Blutprobe unter Verstoß gegen den Richtervorbehalt des § 81a II StPO erfolgt ist. „Gefahr im Verzug“ hat nicht vorgelegen. Der Sachverhalt lag so einfach, dass die Beamten eine richterliche Genehmigung auch telefonisch hätten einholen können. Dennoch haben die Beamten routinemäßig Ihre vermeintliche Sonderbefugnis zur Anordnung der Blutentnahme unter Zwang rechtswidrig auf angebliche „Gefahr im Verzug“ gestützt. Dieser Verstoß gegen den Richtervorbehalt, der Amtsrichter sah es im konkreten Fall sogar als eine bewusste Ignorierung des Richtervorbehalts an, führt auch zu einem Beweisverwertungsverbot. Insofern war für das OLG entscheidend, dass sich die Polizeibeamten keinerlei Gedanken über die Fragen von Gefahr im Verzug und richterlicher Anordnungskompetenz gemacht hätten, sondern allein auf Grund „langjähriger“ entsprechender Praxis die richterliche Erlaubnis durch eine eigene Anordnung ersetzten. Dieses objektiv willkürliche Vorgehen der Beamten, dass sich die Staatsanwaltschaft bei der Anklageerhebung zu Nutze machen wollte, führte zu einem Beweisverwertungsverbot. Andere Beweismittel gab es nicht, so dass die Beschuldigte folgerichtig aus Mangel an Beweisen freizusprechen war.
Anmerkung
Die Entscheidung zeigt, dass die Gerichte künftig hoffentlich die Einhaltung der polizeilichen Befugnisse wieder genauer überwachen werden. Wenn Polizeibeamte auf die Frage, warum denn keine richterliche Genehmigung eingeholt wurde, verständnislos sinngemäß antworten, dass sei doch nicht notwendig gewesen, es habe schließlich Gefahr im Verzug vorgelegen, ist dies Indiz dafür, dass die entsprechende Praxis auch über einen längeren Zeitraum hin zuvor toleriert worden ist. Für Beschuldigte zeigt der Fall, wie nützlich es sein kann, vom Schweigerecht Gebrauch zu machen und polizeilichen Maßnahmen die Zustimmung zu verweigern. Ähnlich entschied übrigens unlängst auch das OLG Hamm, Beschl. v. 12.3.2009 – Az: 3 Ss 31/09 = NJW Spezial 2009, 331.