Muss der Arbeitnehmer immer zum Personalgespräch erscheinen?

Der Arbeitgeber kann den Arbeitnehmer aufgrund seines Weisungsrechts nur zur Teilnahme an solchen Gesprächen verpflichten, in denen er arbeitsrechtliche Weisungen erteilen, vorbereiten oder deren Nichteinhaltung beanstanden und auswerten will. Vgl. BAG Urteil vom 23.06.2009 Az: 6 AZR 606/08, siehe hierzu auch NJW-Spezial 2009, 674.

Der Fall
Der Arbeitgeber wollte die Lohnkosten senken und hierzu mit allen Mitarbeitern Änderungsverträge über die Kürzung des 13. Monatsgehalts abschließen. Alle Mitarbeiter erhielten schriftliche Einladungen zu einem „Personalgespräch“ in Anwesenheit der Mitarbeitervertretung im Büro des Personalleiters. Die Arbeitnehmerin teilte mit, dass sie an ihrem Termin nicht allein sondern nur gemeinsam mit anderen betroffenen Kollegen teilnehmen wolle. Das lehnte der Arbeitgeber ab. Die Arbeitnehmerin nahm ihren Termin nicht wahr und erhielt daraufhin eine Abmahnung. Gegen die Abmahnung setzte sich die Arbeitnehmerin vor Gericht zur Wehr und bekam am Ende Recht.

Die Entscheidung
Die Abmahnung war nach Ansicht des BAG unberechtigt. Eine Pflicht zur Teilnahme am Personalgespräch bestand in diesem Fall nicht. Das Weisungsrecht des Arbeitgebers beinhaltet einerseits die Befugnis zur Konkretisierung der arbeitsvertraglichen Leistungspflichten des Arbeitnehmers. Es dient je nach der konkreten Arbeitsaufgabe auch der näheren Bestimmung weiterer Pflichten des Arbeitnehmers, die zur Erfüllung seiner Arbeitaufgabe nützlich sind. Das Weisungsrecht kann auch den kollektiven Bereich betreffen, wenn es um darum geht, das Zusammenwirken mehrerer Arbeitnehmer im Betrieb zu regeln. Hierzu kann der Arbeitgeber mündliche und schriftliche Weisungen erteilen. Das kann natürlich auch die Anweisung zur Teilnahme an einem Personalgespräch beinhalten, bei dem dann Fragen zu den vorgenannten Problemkreisen Gegenstand sind.

Das war aber eben hier nicht der Fall. Der Arbeitgeber wollte in dem Gespräch weder bestimmte arbeitsvertragliche Weisungen vorbereiten, erteilen oder deren etwaige Nichteinhaltung auswerten oder ahnden. Der Arbeitgeber wollte die Arbeitnehmerin anweisen, mit ihm über eine Vertragsänderung zu verhandeln. Dies hatte keinen Bezug zu den arbeitsvertraglichen Pflichten der Arbeitnehmerin. Im übrigen schließen sich die Vereinbarung einer Vertragsänderung, mit der schließlich beide Seiten einverstanden sein müssen, und die Erzwingung der Teilnahme an der Verhandlung denknotwendig aus. Die Arbeitnehmerin hatte weder eine Pflicht dem Änderungsangebot zuzustimmen noch an einer Verhandlung über die künftige Verschlechterung der Vertragskonditionen gegen Ihren Willen teilzunehmen. Deshalb war die Abmahnung rechtswidrig und unwirksam.

Anmerkung
Die Entscheidung betrifft eine durchaus praxisrelevante Konstellation. Da die Absenkung der Vertragskonditionen regelmäßig der Zustimmung der Arbeitnehmer bedarf, versuchen viele Arbeitgeber entsprechende „Vereinbarungen“ durch „sanften Druck“ herbeizuführen. Das BAG hat nun klargestellt, dass dies unzulässig ist. Arbeitgeber laufen künftig Gefahr, dass derart herbeigeführte „Vereinbarungen“ von Arbeitnehmern nachträglich erfolgreich wieder angefochten werden.

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